Trusted Shops und Kaufland.de informieren: Bestellter Artikel nicht lieferbar - Was können Sie tun?

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Viele Online-Shops kennen das Problem: Die Kundschaft bestellt Ware, die sich später als nicht lieferbar herausstellt. Dürfen Sie die Bestellung dann einfach stornieren oder müssen Sie eventuell sogar Schadensersatz zahlen? Kaufland.de erklärt Ihnen in Zusammenarbeit mit Trusted Shops, welche Pflichten den Online-Handel in diesem Fall treffen.

Lieferpflicht nur bei wirksamem Vertragsschluss

Schon die alten Römer wussten: pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Eine Verpflichtung zur Lieferung der bestellten Ware trifft Sie daher nur, sofern zwischen Ihnen und dem Käufer ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist.

Ob ein Vertrag im Online-Handel wirksam geschlossen wurde, ist jedoch gar nicht so leicht zu beantworten und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sie finden alles Wichtige rund um das Thema Vertragsschluss in diesem Rechtstipp der Woche von Trusted Shops.

Können sich Verkäufer vom Vertrag lösen?

Liegt ein wirksamer Vertragsschluss vor und können Sie das bestellte Produkt unter keinen Umständen liefern, ist diese Situation für beide Vertragsparteien sehr ärgerlich.

Um höchstmögliche Kundenzufriedenheit zu gewährleisten, hat Kaufland.de deshalb in Ziffer 4.4 der Händler-AGB mit Ihnen vereinbart, dass Sie nur Produkte anbieten, die zum Zeitpunkt des Angebotes bereits in der angegebenen oder aufgrund der Werbung zu erwartenden Menge in Ihrem Besitz sind oder von Ihnen bis zum Versandzeitpunkt erstellt oder bereitgestellt werden können.

Sollte ein Produkt, das Sie anbieten, nun trotz aller Vorkehrungen nicht lieferbar sein, stellt sich die Frage, ob Sie sich vom Vertrag lösen können. Es ist dabei ein weitverbreiteter Mythos, dass der Online-Shop die Bestellung des Käufers ohne Weiteres stornieren kann.

Denn der Vertrag ist bereits wirksam geschlossen und Ihnen steht, anders als dem Verbraucher, kein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht dient einzig dem Verbraucherschutz. Des Weiteren scheidet ein Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 323 Abs. 1 BGB in der Regel ebenfalls aus, da dieser nur bei einer Pflichtverletzung der Gegenseite (z. B. im Fall der Zahlungsverweigerung) möglich ist.

Einen „Rettungsanker“ bietet das Anfechtungsrecht. Eine Anfechtung ermöglicht Ihnen, Ihre auf Abschluss des Vertrages abgegebene Willenserklärung zu „vernichten“. Sie wird dann so behandelt, als hätten Sie diese Erklärung nie abgegeben.

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Können Sie den Vertrag anfechten?

Damit Sie Ihre Willenserklärung anfechten können, muss zunächst ein Anfechtungsgrund bestehen. Von den gesetzlich geregelten Fällen kommt nur ein sog. Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 2. Alt. BGB in Betracht. Dieser liegt vor, sofern Sie sich bei der Abgabe Ihrer Erklärung verschreiben oder sonst vertuen.

Fehler einer computergefertigten Erklärung können angefochten werden, soweit auch diese auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen sind, der bei Abgabe der Erklärung erfolgt ist. Dies ist so zu werten, als wenn Sie sich verschreiben. Dasselbe gilt bei fehlerhaftem Datentransfer, wenn die Erklärung zwar richtig eingegeben, aber durch eine unerkannt fehlerhafte Software der erklärenden Vertragspartei unrichtig (verfälscht) an die empfangende Vertragspartei weitergeleitet wird.

 

Wenn Sie einen Vertrag anfechten möchten, müssen Sie die Kundschaft unverzüglich informieren. Dies führt zur Nichtigkeit des Vertrags und Ihre Lieferpflicht entfällt.

⇒ Beispiel

Wenn Sie bei der Bearbeitung zweier Bestellungen durcheinanderkommen und diese miteinander verwechseln, sodass Sie versehentlich eine Versandbestätigung für die Bestellung versenden, bei der die Ware nicht vorrätig ist, ist dies ein Erklärungsirrtum. Hier kommt eine Anfechtung in Betracht.

Versenden Sie die Versandbestätigung jedoch bewusst, da sie davon ausgehen, dass Sie den Artikel noch auf Lager haben (obwohl dies nicht der Fall ist), handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Hier kommt eine Anfechtung nicht in Betracht.

!!! Hinweis

Beachten Sie, dass die Erklärung der Anfechtung fristgebunden ist. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Fristlaufzeiten in Abhängigkeit des im konkreten Fall maßgeblichen Anfechtungsgrundes. Die Anfechtung muss unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgen.

Können Verbraucher auf die Lieferung bestehen?

Wie oben bereits angedeutet, können Sie einen einmal geschlossenen Kaufvertrag nicht einfach so stornieren. Grundsätzlich bleiben Sie zur Lieferung der Ware verpflichtet. In einigen Ausnahmefällen erlischt ihre Leistungspflicht jedoch trotzdem.

Dies ist z. B. dann der Fall, sofern Ihnen diese Pflicht nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist. Haben Sie dem Käufer etwa eine bestimmte gebrauchte Ware oder ein Unikat verkauft (sog. Stückschuld) und wird diese Ware oder das Unikat zerstört oder an eine andere Person übereignet, die zur Herausgabe nicht bereit ist, ist Ihnen die Erfüllung des Kaufvertrages unmöglich. Dies liegt daran, dass Sie der Kundschaft die gekaufte Ware oder das Unikat nicht mehr übergeben und übereignen können. Die Unmöglichkeit der Lieferung kann daher bei dem Verkauf von Gebrauchtwaren, Kunstgegenständen oder sonstigen Unikaten vorliegen.

Bei dem Verkauf von ungebrauchten Serienartikeln und Massenartikeln, die auch Ihre Konkurrenz verkauft (sog. Gattungsschuld), dürfte Unmöglichkeit regelmäßig ausschieden. Bestehen Käufer auf die Lieferung, müssten Sie das gewünschte Produkt gegebenenfalls bei anderen Anbietern besorgen, um Ihrer vertraglichen Pflicht aus dem Kaufvertrag nachzukommen. Unmöglich ist die Leistungserbringung in dieser Konstellation nur dann, sofern die gesamte Gattung untergegangen wäre und Sie das betroffene Produkt daher auch selbst nicht mehr erwerben können.

Wann machen Sie sich schadensersatzpflichtig?

Ist die bestellte Ware nicht mehr lieferbar, sind Online-Shops häufig mit Schadensersatzforderungen ihrer Kundschaft konfrontiert. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht jedoch nur, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese unterscheiden sich jeweils nach dem Grund des Lieferengpasses.

Ist Ihnen die Lieferung der Ware unmöglich und lag die Unmöglichkeit schon vor dem Vertragsschluss vor, richtet sich der Schadensersatzanspruch der Verbraucher nach § 311a Abs. 2 BGB. Es kommt dann darauf an, ob Sie die Unmöglichkeit kannten oder kennen mussten.

Ist das Leistungshindernis hingegen nach Vertragsschluss eingetreten, ist entscheidend, ob Sie die Nichtleistung zu vertreten haben (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies gilt auch für die nach Vertragsschluss eingetretene Unmöglichkeit. Dass Sie die Nichtlieferung zu vertreten haben, wird durch das Gesetz widerlegbar vermutet, sodass Sie das Gegenteil nachweisen müssen.

Nicht pauschal lässt sich hingegen der in der Praxis häufige Fall der Nichtbelieferung durch Großhändler beurteilen. Diese bedarf aufgrund der komplexen Kriterien der Rechtsprechung stets einer Einzelfallprüfung.

Ein Schadensersatzanspruch besteht des Weiteren nur, wenn dem Käufer überhaupt ein Schaden aufgrund der Nichtlieferung (sog. Kausalität) entstanden ist. Dies müssen Verbraucher Ihnen gegenüber nachweisen. Insofern müssen sich Online-Shops nicht mit der bloßen Behauptung der Kundschaft zufriedengeben, dass ein Schaden entstanden sei.

⇒ Beispiel

Stellen Sie erst nach Vertragsschluss fest, dass Sie das letzte Mountainbike aus Ihrem Vorrat bereits vorher veräußert haben, so kommt es darauf an, ob Sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt dies bereits vor Vertragsschluss hätten erkennen können. Dies ist in aller Regel zu bejahen.

Haben Sie das letzte Mountainbike jedoch erst nach Vertragsschluss anderweitig veräußert, kommt es auf die Veräußerung selbst an, die Sie ohne weiteres zu vertreten haben.

Paket, Stoppuhr und Münzen

Welche Schäden sind ersatzfähig?

Haben Sie die Nichtlieferung der Ware zu vertreten und ist der Kundschaft ein Schaden entstanden, weil die Lieferung ausbleibt, müssen Sie diesen Schaden ersetzen. Sie müssen die Gegenseite dabei so stellen, wie sie gestanden hätte, wenn die Ware geliefert worden wäre.

Ein Schadensersatzanspruch besteht aber auch dann, sofern Sie den Kaufvertrag aufgrund eines Erklärungsirrtums wirksam anfechten. Auf ein Verschulden kommt es in diesem Fall nicht an. In diesem Fall ist derjenige Schaden zu ersetzen, den Verbraucher dadurch erleiden, dass sie auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut haben (sog. Vertrauensschaden).

⇒ Beispiel

Frau Müller bestellt bei einem Online-Shop auf Kaufland.de eine Markentasche im Wert von 400 Euro zum Preis von 250 Euro. Hätte Frau Müller das Angebot des Online-Shops nicht gesehen, so hätte sie dieselbe Tasche bei der Konkurrenz für 300 Euro gekauft.

Können Sie den Vertrag anfechten, ist Frau Müller so zu stellen, als ob der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Der ersatzfähige Schaden beträgt 100 Euro.

Ist eine Anfechtung nicht möglich, beträgt der ersatzfähige Schaden 150 Euro, da Frau Müller bei einer ordnungsgemäßen Lieferung 150 Euro „Gewinn“ gemacht hätte.

Unser Tipp

Können Sie trotz Vertragsschluss die bestellte Ware nicht liefern, schulden Sie im Regelfall zumindest Schadensersatz. Vor solchen Konstellationen können Sie sich in erster Linie durch den Einsatz eines funktionierenden Warenwirtschaftssystems schützen, das gerade die Bestellung von ausverkauften Waren verhindert.

Kaufland.de hat Anbindungen zu zahlreichen Verkaufsabwicklungslösungen sowie Warenwirtschafts- und Shopsystemen. Viele dieser Partner sind Multi-Channel-fähig, sodass Sie Ihren Auftritt auf mehreren Plattformen unkompliziert lösen können, und so sicherstellen, dass Ihre Angebote auf Kaufland.de stets aktuell sind. Eine Übersicht unserer angebundenen Partner finden Sie in unserem Partnernetzwerk.

Vertragsrechtliche Absicherungen in den AGB sind hier nur sehr bedingt möglich:

Insbesondere können Sie sich nicht pauschal vorbehalten, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Ware anders als im Shop angegeben, doch nicht verfügbar ist (BGH, Urteil vom 21.09.2005, VIII ZR 284/04). Neben der Auseinandersetzung mit Ihrer Kundschaft besteht das Risiko einer Abmahnung durch Mitbewerber. So hat das OLG Hamm die Werbung mit nicht verfügbaren Waren für wettbewerbswidrig erklärt (Urteil vom 11.08.2015, 4 U 69/15).Um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden, können Sie abmahnsichere Rechtstexte ganz einfach und schnell mit dem Trusted Shops Rechtstexter erstellen.

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